Kündigung privater Krankenversicherungen – Was Versicherer und Versicherungsnehmer beachten sollten

Private Krankenversicherung – kein Prämienanspruch nach Kündigung durch den Versicherungsnehmer ohne Nachweis der Anschlussversicherung bei fehlender Belehrung des Krankenversicherers

In einem aktuellen Urteil hat sich der Bundesgerichtshof (BGH) mit § 205 Abs. 6 VVG und den Pflichten des Versicherers auseinandersetzen müssen. Zu Grunde lag ein Standardproblem, das sich nach Änderung des Versicherungsvertragsgesetzes im Jahre 2008 und der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung für inländische Versicherungsnehmer immer wieder stellt. Der Versicherungsnehmer kündigte seinen Krankheitskostenvollversicherungsvertrag fristgemäß. Den Nachweis einer Anschlussversicherung bei einem anderen Krankenversicherer fügte er der Kündigung nicht bei. In § 205 Abs. 6 S. 2 VVG ist bestimmt, dass die Kündigung (des Versicherungsnehmers) nur wirksam wird, wenn der Versicherungsnehmer innerhalb von 2 Monaten nach der Kündigungserklärung nachweist, dass die versicherte Person bei einem neuen Versicherer ohne Unterbrechung versichert ist. Wird dieser Nachweis nicht erbracht, besteht die Versicherung beim bisherigen Krankheitskostenversicherer fort, dieser hat Anspruch auf die Prämien.

Im vorliegenden Fall hatte der Versicherungsnehmer wegen einer Beitragserhöhung bereits zum 01.01.2010 gekündigt, die Bescheinigung über einen seit dem 01.01.2010 bei einem anderen Versicherer fortbestehenden Versicherungsschutz ging beim Krankenversicherer jedoch erst am 19.10.2012 ein. Der Versicherer forderte die Prämien vom Januar 2010 bis Oktober 2012 und klagte diese teilweise ein. Amtsgericht und Landgericht gaben dem Versicherer Recht und verurteilten den Versicherungsnehmer zur Zahlung der Prämien. Seine Kündigung sei unwirksam gewesen, da der Anschlussversicherungsnachweis nicht zum Zeitpunkt der Beendigung des Versicherungsvertrages vorgelegen habe.

Versicherer ist zur Belehrung des Versicherungsnehmers und zu einem Hinweis auf den Anschlussversicherungsnachweis verpflichtet

Der Bundesgerichtshof sah das in seiner Entscheidung vom 14.01.2015 anders (BGH-Urteil IV ZR 43/14). Zwar sei es grundsätzlich zutreffend wie von den Vorinstanzen erkannt, dass die Kündigung gemäß § 205 Abs. 6 S. 2 VVG in der bis zum 30.04.2013 gültigen Fassung erst im Zeitpunkt des Zugangs des Nachweises der Anschlussversicherung beim bisherigen Versicherer wirksam werde und eine Rückwirkung auf den Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung beim bisherigen Versicherer nicht in Betracht kommt (so BGH-Urteil IV ZR 258/11 vom 12.09.2012). Allerdings hat der Versicherer nach Erhalt der Kündigung die Pflicht, den Versicherungsnehmer auf die Notwendigkeit eines Anschlussversicherungsnachweises und dessen Fehlen hinzuweisen. Diese Hinweispflicht ergebe sich unmittelbar aus dem Versicherungsvertrag, der in besonderer Weise vom Grundsatz von Treu und Glauben beherrscht wird. Dieser aus § 242 herrührende Hinweispflicht kann der Versicherer nur durch ein entsprechendes Hinweisschreiben erfüllen, dass beim Versicherungsnehmer auch zugehen müsse. Der Versicherer hatte den Nachweis des Zuganges eines von ihm behaupteten Hinweisschreibens nicht erbracht und nicht erbringen können. Im Ergebnis führt der BGH aus, dass die Kündigung dadurch nicht wirksam werde, der Versicherer jedoch aus dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB daran gehindert sei, den Prämienanspruch geltend zu machen.

Kein Prämienanspruch des Versicherers wegen § 242 BGB - Treu und Glauben

Auf eine fehlende Belehrung wegen der Anschlussversicherung soll sich ein Versicherungsnehmer nur dann nicht berufen können, wenn er beim Versicherer für die Zeit, für die dieser Prämien fordert, Leistungen geltend gemacht hat. Das dürfte selbstverständlich sein und leuchtet ein.

Im Ergebnis ist wieder ein Stück Rechtssicherheit für den Verbraucher geschaffen worden. Die Kündigungsmöglichkeit eines Krankheitskostenvollversicherungsvertrages stellt hohe formelle Anforderungen an den Versicherungsnehmer. Hier kann er leicht Fehler machen. Der Versicherer muss alles dafür tun, um den schützenswerten Versicherungsnehmer vor diesen Fehlern zu bewahren. Die Entscheidung ist äußerst praxisrelevant. Es gibt eine Vielzahl von Fällen, bei denen Krankenversicherte mehrere Versicherungsverträge unterhalten, weil sich Versicherer auf formelle Fehler bei der Kündigung berufen. Gleiches gilt beim Wechsel in die gesetzliche Krankenversicherung. Wenn es Belehrungserfordernisse gibt, die den Versicherer treffen, dann muss er diese Belehrungspflichten auch nachweisbar erfüllen.

Wie für jede Erklärung des Versicherers gilt: Der Versicherer muss den Zugang der Velehrung nachweisen. Die Versicherer, die beim Zugangsnachweis Kosten sparen wollen, werden diese vermeintliche Kostenersparnis in der Regel mit einem Prozessverlust bezahlen müssen. Der vorliegende Fall stimmt jedoch auch vom Ergebnis. Der Versicherungsnehmer war ununterbrochen versichert, das Ziel der Gesetzesänderung 2008 nicht in Gefahr. Hier sollten sich die Versicherer, wie auch sonst bei den ungewollt auftretenden Mehrfachversicherungen gemäß §§ 77-79 VVG, wegen der Prämien abstimmen und nicht unnötig die Gerichte bemühen.

Jörg Schulze Bourcevet
Fachanwalt für Versicherungsrecht