Einbruchsdiebstahl in der Hausratversicherung – Aktuelles Urteil des OLG Brandenburg

Es handelte sich um einen typischen Fall eines Schadens in der Hausratversicherung. Die spätere Klägerin war Bewohnerin eines Einfamilienhauses im so genannten Speckgürtel von Berlin. Leider ist das ein bevorzugtes Ziel von Diebesbanden, die in der Regel nach genauer Planung und Beobachtung des anvisierten Hauses schnell und für die Nachbarn praktisch unbemerkt auf das Grundstück gelangen, ins Haus einbrechen und die Diebesbeute mittels eines Fahrzeuges abtransportieren, so auch hier. Die Geschädigte kam nach Hause und fand ein offenes Fenster an der Rückseite des Hauses vor, alle Räume und Schränke waren durchsucht, Schmuck, Bargeld, Kunstgegenstände und wertvolle Elektronik aus dem Haus verschwunden. Die sofort hervorgerufene Polizei stellte Einbruchspuren am Fenster, Fußspuren im Haus und auf dem Grundstück fest und nahm die Ermittlungen auf. Wie leider häufig blieben die Ermittlungen ohne Erfolg. Die Geschädigte meldete den Schaden Ihrer Hausratversicherung. Der Versicherer gab sich mit den polizeilichen Ermittlungen nicht zufrieden und schickte einen eigenen Gutachter. Der Gutachter gelangte zum Ergebnis, dass das Fenster nicht aufgebrochen wurde. Zum Entsetzen der Geschädigten lehnte der Versicherer die Leistung rundheraus ab mit der Begründung, der Versicherungsfall sei nicht nachgewiesen.

Versicherungsfall in der Hausratversicherung

Der Versicherungsnehmer muss grundsätzlich beweisen, dass ein Einbruch stattgefunden hat. Der Geschädigte ist beim Einbruch naturgemäß nicht dabei, über die Täter und ihr Vorgehen kann er daher auch keine Aussagen treffen. Es ist daher durch die Gerichte, insbesondere auch durch den Bundesgerichtshof, den BGH, als ausreichend erachtet worden, dass der Geschädigte das so genannte äußere Bild eines Einbruch Diebstahles nachweisen muss. Dafür sind 2 Komponenten erforderlich. Zum einen muss das qualifizierte Eindringen in die Wohnung durch geeignete Spuren nachgewiesen sein. Zum anderen muss die Entwendung durch geeignete Spuren wie durchwühlte Schränke, Lücken in Regalen, aufgebrochene Behältnisse erkennbar werden. Einzelheiten der Tat oder Fragen des Abtransport der Beute gehören nicht zum äußeren Bild eines Diebstahls. Neben dem Einbrechen, das bedeutet ein gewaltsames Eindringen in die Wohnung, ist in der Hausratversicherung auch das so genannte Einsteigen versichertes Diebstahlsereignis. Dabei reicht es aus, dass der Täter unter Entfaltung einer gewissen Geschicklichkeit oder Kraft auf einem Weg in die Wohnung oder das Haus gelangt, der dazu nicht bestimmt ist.

Entscheidung des Landgerichtes Potsdam

Die Geschädigte musste das für sie zuständige Landgericht anrufen, da die Versicherung auch auf den Hinweis hin, dass doch zumindest ein Einsteigen bewiesen ist, keine Entschädigung leistete. Die Klägerin war sich sicher, vor dem Verlassen des Hauses alle Fenster und Türen ordnungsgemäß verschlossen zu haben. Die Untersuchungen der Polizeibeamten bestärkten sie in ihrer Ansicht. Das Landgericht Potsdam war nach einer Beweisaufnahme durch einen Sachverständigen ebenfalls der Auffassung, dass die Spuren an den Fenstern nicht ausreichten, um den Einbruchsdiebstahl feststellen zu können. Die Klägerin musste dem - trotz gegenteiliger innerer Überzeugung - zustimmen. Ob es Methoden gibt, die insbesondere bei Kunststofffenstern aus PVC eine Öffnung mit nur sehr geringer Spurenlage zulassen, erscheint nach Auffassung des Unterzeichners im Hinblick auf verschiedene gleichartige Fälle zwischenzeitlich doch sehr wahrscheinlich. Eine Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit reicht jedoch in einem Gerichtsverfahren nicht aus, um den Prozess erfolgreich zu gestalten. Insofern musste das Beweisergebnis hingenommen werden und die Klägerin musste sich darauf stützen, dass jedenfalls durch dieses Fenster ein Einsteigediebstahl erfolgt war. Das Landgericht Potsdam, Geschäftsnummer 2 O 240/12 wies die Klage jedoch rundheraus ab. Der Einbruch sei nicht bewiesen, dass einsteigen müsse nicht bewertet werden, da die Klägerin ihren Prozessvortrag „angepasst" habe. Zum Glück ließ sich die Geschädigte nicht entmutigen und verfolgte den Anspruch gegenüber der Versicherung weiter.

Urteil des Brandenburgischen Oberlandesgerichtes

Das mit der Berufung befasste OLG Brandenburg sah die Angelegenheit dann durchaus lebensnah. Dass die Geschädigte bis zur Beweisaufnahme 1. Instanz sicher war, das Fenster auch ordnungsgemäß verschlossen zu haben, erschien insbesondere angesichts der polizeilichen Ermittlungen und der Spurenlage vollkommen nachvollziehbar. Dass sich das Landgericht Potsdam dann nicht mit der ebenfalls versicherten Variante des Einsteigediebstahls beschäftigt hatte, war nach Auffassung des Oberlandesgerichtes Brandenburg rechtsfehlerhaft. Der Senat holte diese Feststellungen nach und befand in seiner Entscheidung, Urteil des Brandenburgischen Oberlandesgerichtes vom 06.05.2015 11 U 184/13, dass das äußere Bild eines Einsteigediebstahls vorhanden war. Die Klägerin erhielt Leistungen aus der Hausratversicherung. Diese waren allerdings zu kürzen, da gemäß § 81 Abs. 2 VVG der Versicherungsfall nach Auffassung des Oberlandesgerichtes grob fahrlässig herbeigeführt wurde. Ein Einsteigen setzt entgegen eines Einbrechens ein nicht ordnungsgemäß geschlossenes Fenster voraus. Im Versicherungsvertrag hatte sich die Geschädigte mit der Vereinbarung so genannter Sicherheitsvorschriften in den AVB dazu verpflichtet, bei Verlassen der Wohnung sämtliche Fenster und Türen ordnungsgemäß zu schließen und zu verriegeln. Das OLG Brandenburg bewertete die Mitverantwortung der Klägerin daher mit 50 %.

Die Entscheidung des OLG Brandenburg ist sowohl vom Ergebnis als auch von der Begründung zutreffend. Es war und ist schwer verständlich, warum bei einer klar und deutlich für einen Einbruchsdiebstahl sprechenden Ermittlungsakte und keinerlei Verdachtsmomenten gegenüber der Versicherungsnehmerin auf Manipulationen des Versicherungsfalles der Versicherer keinerlei Leistungen erbracht hat. Im Ergebnis eines langwierigen und teuren Prozesses musste der Versicherer leisten, einschließlich der gesetzlichen Verzugszinsen von 5 % über dem Basiszinssatz. Für den normalen Versicherungsnehmer, der durch einen Einbruch bereits empfindlich in seinem Weltbild und seinem Gleichgewicht gestört ist, kann ein solches Regulierungsverhalten zu einer weiteren enormen Belastung führen.

Jörg Schulze-Bourcevet
Fachanwalt für Versicherungsrecht